Flow-Theorie: Läuft!

Flow-Theorie: Läuft!

Fliegerangriffe versetzten die Menschen in Budapest tagtäglich in Angst und Schrecken. Doch Mihály Czíkszentmihályi konnte alles um sich herum vergessen. Zu mindestens dann, wenn er Schach spielte. Wenn Bomben fielen, bemerkte er es kaum, solange er sich auf das Brett konzentrierte. Dieser eigenartige entrückte Zustand hat ihn dermaßen fasziniert, dass er seine gesamte spätere Forscherkarriere als Psychologe darauf aufbaute. Heute ist dieser Zustand längst ein gängiger Begriff geworden: FLOW.

Was löst den Flow aus? Unter welchen Bedingungen kommt es zum Flow?

Diese beiden Fragen standen immer im Zentrum von Czíkszentmihályi Forschungsarbeit. Ein klares Feedback auf das eigene Tun sei das Wichtigste, deshalb seien Tätigkeiten wie Sport, Malen oder  Musizieren besonders gut geeignet, um diesen Zustand zu erlangen. Ein Musiker merke sofort, wann er einen schrägen Ton träfe und könne ihn dann entsprechend verändern. Wenn er diesen Ton beherrsche, könne er sich auf andere, qualitative Aspekte wie die Klangfarbe konzentrieren. Auf diese Weise passten Musiker Anforderungen und Fähigkeiten laufend aneinander an. „Sie sind immer am Limit, ohne sich jedoch überfordert zu fühlen“, sagt Mihály Czíkszentmihályi und umschreibt damit eine weitere zentrale Voraussetzung für einen Flow. Solange diese beiden Aspekte bei Tätigkeiten gewährleisten sind, kann jeder von uns einen Flow erleben: ob beim Backen, Lernen oder Laufen.

 

Die Grundbedürfnisse der Transaktionsanalyse

Eric Berne, der Begründer der Transaktionsanalyse (TA)

hat schon in den 1960er-Jahren ein Modell zur Motivation entworfen, das neben den physiologischen Bedürfnissen wie Atmen, Essen oder Nahrung den psychologischen Grundbedürfnissen einen hohen Stellenwert einräumt.

Motivation liegt in dem Wunsch nach Erfüllung zentraler Bedürfnisse. In der TA werden unerfüllte Bedürfnisse „Hunger“ genannt, wobei drei Arten unterschieden werden:

  • Hunger nach Stimulus (körperliche und geistige Anreize, Balance zwischen Unterforderung und Überforderung)
  • Hunger nach Anerkennung (Feedback)
  • Hunger nach Struktur (Vermeidung von Langeweile).

Sind diese drei Grundbedürfnisse erfüllt, sind wir in unserer Balance. Oder eben im Flow.

Die neuronalen Grundlagen des Flow

Die neuronalen Grundlagen für diesen Zustand wurden nun von dem Neurowissenschaftler Örjan de Manzano in Stockholm in Zusammenarbeit mit dem Ulmer Neurobiologen Martin Ulrich untersucht. In einem Versuch mit mehreren Pianisten wurden Herzfrequenz, Blutdruck und Hautleitfähigkeit gemessen, während sie spielten. Waren sie im Flow, atmeten die Profis gleichmäßig tief und ruhig. Zur Zeit der Messung war jener Teil ihres Nervensystems aktiv, der den Körper in erhöhte Leistungsbereitschaft versetzt. Sozusagen ein Match zwischen Schnappatmung und Wohlbefinden. Was sich wie ein Widerspruch anhört, ist hirntechnisch logisch: Als charakteristisch für einen Flow erwies sich die verminderte Aktivität einiger Hirnareale.

In der Amygdala kehrt Ruhe ein, dadurch wird Anstrengung nicht als negativ empfunden. Denn die Amygdala ist unser emotionales Zentrum, das zum Beispiel dafür verantwortlich ist, das wir zusammenzucken, wenn wir uns erschrecken oder den Impuls zum Weglaufen verspüren, wenn ein zähnefletschender Hund auf uns zuläuft.

Der mediale Teil des präfrontalen Kortex, also die Steuerzentrale unserer selbstbezogenen Gedanken („Du Dummchen schaffst es eh´nicht“, „Ob im nächsten Jahr alles anders wird?“) macht es der Amygdala nach und wird auch ganz ruhig. Damit ist Schluss mit Tagträumen und selbstzermürbenden Grübeleien. Alles still. Stattdessen erleben wir ein schönes und belohnendes Gefühl – das im Übrigen im sogenannten Putamen zu Hause ist, dieses ist wiederum an der Schnittstelle zum Belohnungssystem verortet und dort wird entschieden, ob sich der ganze Aufwand für eine Sache lohnt!

Zusammenfassung

Das Geheimnis des Flows liegt in einem schmalen Grad zwischen der Langweile auf der einen Seite (die Unterforderung) und Ängstlichkeit, Zweifel, Stress auf der anderen Seite (die Überforderung). Wer häufiger ein Flow erleben möchte, sollte sich immer wieder neuen Herausforderungen stellen und ständig daran arbeiten, die eigenen Fähigkeiten zu verbessern, um sie dann auch bewältigen zu können.

Übrigens: der Name  von Mihály Czíkszentmihályi wird folgendermaßen ausgesprochen:

Me-high csik-sent-me-high-ee.

 

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