Im Kindesalter konkurrieren wir mit Mitschüler:innen um gute Noten, mit Geschwistern um die Anerkennung der Eltern und mit Sportsfreunden um einen Platz im Volleyballteam. Im Erwachsenenalter geht es weiter einem Kampf um Prestige, Status und Macht.
In unserer Gesellschaft ist Konkurrenz verpönt, gleichzeitig steigt durch Internet und Werbung die Versuchung, sich mit anderen zu vergleichen. Schon der Volksmund weiß: „Konkurrenz belebt das Geschäft“. Doch leider konzentrieren sich die meisten beim Thema Konkurrenz auf die negativen Seiten. Das ewige „An den anderen messen“ führt zu Stress, schlechter Laune und meistens auch zu Feindschaften. Doch Konkurrenz hat auch Vorteile – wenn man sie richtig einordnet.
Denn – um es vorweg zu sagen –: Wer Konkurrenz scheut, bleibt wie er ist. Und reicht das? Eher nicht! Auch nicht für einen allein.
Die Konkurrenz läuft mit
Konkurrenz (lat. concurrere) bedeutet so viel wie „zusammenlaufen/zusammenprallen“. Befindet man sich in Konkurrenz, läuft tatsächlich das pralle Leben zusammen: Interessen, Perspektiven, Chancen und Hoffnungen sind damit verbunden. Konkurrenz ist ein Sammelbegriff mit dem wir uns wahrnehmen, uns messen, vergleichen und daraus lernen, um zu handeln. Schöner, schneller besser ist immer eine Frage des Vergleichs.
Kurz: Ein elementarer seelischer Vorgang – ein Bedürfnis – im Leben des Menschen.
Wettbewerb oder Rivalität?
- Konkurrenz als Wettbewerb
Im Wettbewerb gibt es eine offene Auseinandersetzung. Wer sich dem Wettbewerb aussetzt, muss sich selber definieren und kennen. Und natürlich wissen, wohin er oder sie will. Die Spielregeln sind eindeutig – es liegt darüber eine Vereinbarung vor. Das trifft zu, wenn sich zwei Mitarbeitende zum Beispiel um denselben Arbeitsplatz bewerben.
- Konkurrenz als Rivalität
Hier bezeichnet Konkurrenz eine verbissene Rivalität, die zum Ziel hat, den anderen zu verdrängen. Wie ein Zweikampf oder ein Duell. Eine deutlich aggressivere Variante. Es gibt nur Gewinner*innen oder Verlierer*innen. Das trifft zu, wenn sich von zwei Unternehmer*innen, eine*r mit unfairen Bedingungen einen Marktvorteil verschaffen wollen.
Kooperation ist funny
Und dann gibt es noch das schöne Wort Kooperation: Darin sind beide Aspekte vereint. Der gute Wettbewerb und die böse Konkurrenz. Kooperation ist funny. Kooperation ist eine Vokabel, die die wunderbarsten Gefühle weckt. Es ist ein gutes Wort. Nicht annähernd so böse wie Konkurrenz und Wettbewerb.
Die Kooperation ist ein Versuch von Menschen, einzelne Kräfte so miteinander zu verbinden, dass sich für das Ergebnis und für alle Beteiligten ein Vorteil ergibt und gleichzeitig etwas erreicht wird, was keiner der Beteiligten allein erreicht.
Kurz:
- Konkurrenz vergleicht, teilt und trennt.
- Kooperation führt zusammen und bindet ein gemeinsames Ziel.
Ach, wenn es doch so einfach wäre! Selbst in diesem Wort schleichen sich Elemente des Konkurrierens ein. „Manche Kooperation erweist sich als Versuch, die Kräfte des Konkurrierens in Schach zu halten“, so beschreibt es der Gruppendynamiker Jörg Fengler. „In der Konkurrenz erkennen wir oft eine stillschweigende Kooperation, die jedem der Konkurrenten Vorteile bringt.“
Die Forschung im Zickzackkurs
Aus den Forschungsergebnissen zum Thema Kooperation ist eher ein Zickzackkurs herauslesbar: Evolutionsbiolog*innen sagen, dass Kooperation und Zusammenarbeit eine wichtige Konstante im menschlichen Leben seien. Gleichzeitig zeigen die Ergebnisse der Forscher*innen, dass Menschen nur dann kooperieren, wenn sie sich Vorteile davon versprechen. Selbst dort, wo man von Weitem Selbstlosigkeit vermuten könnte, lohnt es sich, genauer hinzusehen: Das sogenannte Gute dient stets dem eigenen Wohlbefinden.
Es bleibt weiterhin ein Nebeneinander von alten Ängsten und neuen Möglichkeiten. Umso wichtiger ist es, dass wir die Kraft und die Aggression, die zum Thema Konkurrenz dazugehören, realistisch beurteilen und aufhören, sie unter den Teppich zu kehren. Wir sind nicht immer lieb. Das würde nicht nur die Realität verzerren, sondern auch noch doof machen.
Die Konkurrenz realistisch einordnen
Die Transaktionsanalytikerin Jan Vanderburgh hat einen Fragenkatalog zusammengestellt, der hilft, sich zum Konkurrenzthema realistisch einzuschätzen. Die Fragen sind ein hilfreiches Tool für Coachingkunden, die dieses Thema in ihrer Positionierung suchen.
- Um was konkurrieren wir?
a) Existiert es? b) Ist es definierbar? c) Ist es erreichbar? - Lohnt es sich, darum zu konkurrieren?
- Sind die Regeln der Konkurrenz klar, spezifisch und vollständig?
- Wissen die anderen, mit denen ich konkurriere, dass wir miteinander konkurrieren?
- Haben sie dem Konkurrieren zugestimmt?
- Wie werde ich wissen, wer gewinnt und wann?
- Werden die anderen es auch wissen?
- Ob ich gewinne oder verliere, was kommt danach?
Bei der Beantwortung der Fragen geht es auch um die Enttrübung (Auflösung einer Realitätsverzerrung): Welche elterlichen Botschaften stolpern noch durchs Hirn und welche kindlichen Impulse blitzen auf? Mit diesen Fragen können Coachingklient*innen ihren Erwachsenenanteil stärken, die eigene soziale Position finden und sich im Umfeld orientieren.
Beispiel: Eine Mitarbeiterin aus dem mittleren Management konkurriert mit einer Mitbewerberin um die nächste Karrierestufe. Die Fragen stehen im Raum: Konkurriert diese Person um den Job? Um Status? Oder darum, wahrgenommen zu werden? Kann sie selbst etwas daran tun? Oder hat sie keinen Einfluss darauf? Muss sie vielleicht etwas ganz anderes tun? Die Beantwortung der ersten Frage öffnet den Raum für die weiteren Fragen. Jede weitere Frage bringt die Klientin weiter an die eigenen Ressourcen und Stärken. Die letzte Frage führt alle Antworten zusammen und ist jetzt leicht zu beantworten. Die Klientin hat jetzt die Erlaubnis, sich weiterzuentwickeln. Es dürfen neue Wege erkundet werden und sie muss nicht in alten Mustern verharren.
Von der Konkurrenz lernen
Von der Konkurrenz zu lernen, heißt, anzuerkennen, wie und worin sich andere – positiv wie negativ – von der eigenen Person unterscheiden. Konkurrenzsituationen lassen sich nicht vermeiden. Entscheidend ist die Haltung. Neid und Missgunst helfen nicht weiter.
Wenn Sie die negativen Energien nutzen und in ehrliches Interesse und Neugier umwandeln, können Sie Erfolge erzielen, von Ihren Konkurrent:innen profitieren und gleichzeitig viel für ihre Persönlichkeitsentwicklung tun.
Abschließend noch ein paar ungefragte Ratschläge:
Es wird immer jemanden geben, der besser oder schneller ist als Sie. Alle Vergleiche sind letztlich sinnlos, wenn Sie sie nicht reflektieren. Kratzen Sie an polierten Oberflächen und lassen Sie sich nicht blenden. Statt den Blick auf Ihre Schwächen zu richten, können Sie genauso gut Ihre Stärken betrachten: Da sind Sie schließlich Meister:in.
Ein offener Umgang mit Konkurrenz und Wettbewerb hat nur Vorteile. Wer die Beweggründe anderer verstehen will, tut viel für sich selbst. Und wer das weiß, ist sehr weit. Ganz kurz nur vor Love und Peace.
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Literatur:
Fengler, J.: Konkurrenz und Kooperation in Gruppe, Team und Partnerschaft. Klett-Cotta, 1996.
Vanderburgh, J.: Enttrüben von Konkurrenz, In: Neues aus der Transaktionsanalyse, JG. 3, Nr. 11, 1979.
Foto: Pixabay